Freitag, 9. Juli 2010

Der Einfluss von Medien auf das Körperbild

SB

Schönheit und Attraktivität sind heute sehr präsente Themen in den Medien. Das Angebot reicht hierbei von Schönheitsberatung (in Styling oder Umstyling Sendungen), über Casting Shows bis hin zu Sendungen, in denen sich Menschen einer Schönheitsoperation unterziehen (z.B. Endlich schön!, RTL2). Eine von der Bundesärztekammer vorgestellte Untersuchung der Universität München zeigt, dass im Zeitraum zwischen Februar und Mai 2005 (auf den Sendern ARD, ZDF, RTL, Pro 7, Sat 1, RTL 2 und VOX) insgesamt 1263 Sendungen zum Thema Schönheit gezeigt wurden. Hiervon befassten sich 105 (8%) ausschließlich mit kosmetischen Operationen (vgl. http://www.bundesaerztekammer.de).

Vertreter der „Koalition gegen Schönheitswahn“ (Vereinigung der Bundesärztekammer) weisen in diesem Zusammenhang auf die mangelnde Aufklärung über Risiken von Schönheitsoperationen in den TV-Formaten hin. Außerdem befürchten sie einen weiteren Anstieg der Bereitschaft Jugendlicher, sich einem operativen Eingriff zu unterziehen. Im Jahr 2002 ergab eine Untersuchung im Rahmen der 14ten Shell Jugendstudie, dass für 88% der 12-25jährigen ein „tolles Aussehen“ das Wichtigste ist. Das eigene Aussehen wurde sogar höher bewertet als Karriere und Markenbekleidung. Außerdem wird bereits jede vierte Schönheitsoperation bei unter 25jährigen durchgeführt.

Die Befürchtungen der „Koalition gegen Schönheitswahn“ sind durchaus berechtigt, da viele Jugendliche ihre Vorbilder auch in der medialen Welt suchen. Besonders begünstigt wird eine Assoziation mit den Medienfiguren, wenn ein hoher Medienkonsum besteht und wenn es den Jugendlichen an „realen“ Vorbildern mangelt (vgl. Luca 2007, S. 44). Jugendliche sind besonders aufnahmebereit für Medieneinflüsse, da sie sich in der Phase der Entwicklung von Körper und Persönlichkeit befinden. Sie versuchen ihren Platz in der Gesellschaft zu finden. Getrieben von der Angst vor Ablehnung und Ausgrenzung beschäftigen sich Jugendliche sehr viel mit ihrem eigenen Erscheinungsbild und ihrer Wirkung auf andere (vgl. Große-Loheide 2007, S. 68).

„Das Ziel, anderen zu gefallen, insbesondere denen, die einem wichtig sind, bleibt bisweilen unerreicht, treibt zu weiteren Bemühungen an, und es bestimmt auch, wie sehr sich der oder diejenige selbst gefällt. Ist es schließlich erreicht durch anerkennende Verhaltensweisen oder Bemerkungen der anderen, lässt die Anspannung vorübergehend nach, bis die nächste Begegnung das Spiel von vorn beginnen lässt. (…) Offensichtlich ist der Wunsch zu gefallen (…), d.h. auch aufzufallen oder wenigstens bemerkt zu werden, ein treibendes Motiv im Alltag. Schön zu sein, gemocht zu werden, fördert Glücksgefühle, stärkt das Selbstvertrauen und tut gut. Körperinszenierungen sind demnach Teil des Alltags und fest verankert im Gefühlshaushalt der Menschen.“ (Große-Loheide 2007, S. 68)

Vorbild für die Körperinszenierungen von Jugendlichen ist vor allem das westliche „Schönheitsideal“, welches sich über TV-Formate wie „Germanys Next Topmodel“ weltweit ausbreitet und kulturell geprägte, traditionelle Schönheitsbilder allmählich verdrängt. (vgl. Bleicher 2007, S. 122)

Ein schöner Körper wird mit Gesundheit, Erfolg und Zufriedenheit assoziiert, eine unattraktive äußere Erscheinung hingegen mit Krankheit, Depression und Niederlage. Durch Darstellung von Körpern in den Medien, die dem Schönheitsideal entsprechen, wird die Bedeutung von Attraktivität in der Gesellschaft geprägt. (vgl Luca 2007, S. 44)

„Weibliche Medienfiguren unterliegen im Hinblick auf Attraktivität einer strengeren Normierung als männliche Figuren“ (Luca 2007, S.44). Diese Körperbilder beeinflussen auch die Selbstwahrnehmung von Jugendlichen. Eine im Jahr 2006 durchgeführte Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zum Körperbewusstsein von Jugendlichen (14-17 Jahre) zeigte, dass Mädchen ihr Äußeres wesentlich kritischer betrachten als Jungen. Zwei Drittel der Jungen gaben an, sich in ihrem Körper wohl zu fühlen, bei den Mädchen traf dies aber nur bei weniger als der Hälfte zu. Ein Viertel der befragten Mädchen betrachtete sich selbst als Übergewichtig, bei den Jungen waren es gerade einmal halb so viele. Abbildung m1 zeigt die genauen Umfragewerte. (vgl. Heßling/Bode 2006)

Oft werden die Medien aufgrund solcher Untersuchungen für das häufige Auftreten von Essstörungen verantwortlich gemacht. Für derartige Erkrankungen gibt es allerdings viele Einflussfaktoren. (Luca 2007, S. 40)

Es handelt sich bei der Ausbildung einer Esstörung um „psychogene Reaktionen und nicht um Reaktionen auf vorhandenes Übergewicht“. (Luca 2007, S. 63)

Entscheidend für die Entstehung von Essstörungen sind soziokulturelle, psychologische und biologische Faktoren. Inwieweit der Medieneinfluss auch als Risikofaktor hierfür gelten kann, konnte empirisch noch nicht belegt werden. (vgl. Baumann, Eva 2007, S. 63)

Obwohl der Einfluss der Medien auf die Gesellschaft immer weiter wächst und es nahezu keine Möglichkeit mehr gibt sich diesem zu entziehen, sind die Hauptvorbilder der meisten Jugendlichen immer noch in der Familie und im Freundeskreis zu finden. Die medialen Angebote dienen ihnen lediglich als Orientierungshilfe, die in das von ihnen gewohnte soziokulturelle Umfeld eingebettet und nach ihren Gewohnheiten modifiziert wird. (vgl. Große-Loheide 2007, S.70)


Literatur

Baumann, Eva (2007) Über den Zusammenhang zwischen Essstörungen und Medien. In: Neuß, Norbert/ Große-Loheide, Mike (Hrsg.): Körper Kult Medien

Bleicher, Joan Kristin (2007) Fersehen macht gesund und schön. In: Neuß, Norbert/ Große-Loheide, Mike (Hrsg.): Körper Kult Medien

Große-Loheide, Mike (2007) Körperinszenierungen und Medien. In: Neuß, Norbert/ Große-Loheide, Mike (Hrsg.): Körper Kult Medien

Heßling, Angelika/ Bode, Heidrun (2006). Körperbewusstsein von Jugendlichen. IN: FORUM BZgA

Luca, Renate (2007) Körper und Körperbilder. Medienkritik und medienpädagogische Bildungsarbeit. In: Neuß, Norbert/ Große-Loheide, Mike (Hrsg.): Körper Kult Medien

Neuß, Norbert/ Große-Loheide, Mike (Hrsg.) (2007): Körper Kult Medien. Inszenierungen im Alltag und in der Medienbildung. GMK: Bielefeld

Internetquellen

http://www.bundesaerztekammer.de

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